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PM vom 14.08.20: Klimaschutz in Gewahrsam

Aktivist*innen von „GKM_abschaffen’’ für 38 Stunden in Gewahrsam genommen ++ Legitimer Protest gegen Klimazerstörung kriminalisiert ++ „Klimaschutz ist kein Verbrechen!„

Am Samstag, den 08.08.2020, blockierten fünf Klimaaktivist*innen für 6 Stunden das Kohleförderband zum Block 6 des Grosskraftwerk Mannheim (GKM). Ihr Ziel war auf soziale und ökologische Probleme, die mit der Steinkohleverstromung verbunden sind, aufmerksam zu machen. Um 10.30 Uhr wurden die fünf Aktivist*innen vom Sondereinsatzkommando (SEK) Baden-Württemberg geräumt und auf Polizeireviere in  Mannheim und Heidelberg gebracht. Dort wurden sie für 38 Stunden zum Zwecke ihrer Identitätsfeststellung festgehalten.  In der Nacht von Sonntag auf Montag wurden die Aktivist*innen um Mitternacht entlassen und vor den Polizeirevieren lautstark von Unterstützer*innen empfangen. Die Aktion fand im Rahmen der Aktionstage „Aufstand mit Abstand“ statt, zu denen „Zucker im Tank“ augerufen hatte. Am Freitag und Samstag fanden in diesem Zusammenhang noch weitere Aktionen in 26 Städten statt, welche sich unter anderem gegen Shell, RWE, Heidelberg Cement und den Bau einer Autobahn richteten. Die Aktivist*innen von „GKM_abschaffen“ mussten im Gewahrsam in Zellen ausharren, die teils keine Fenster oder Lüftungen aufwiesen, nur Holzliegen enthielten und in denen teilweise die Klospülung auf Nachfrage von außen betätigt werden musste. Auch wurde Aktivist*innen aufgrund defekter Gegensprechanlagen über mehrere Stunden kein Wasser gebracht. Schlussendlich hielt der Richter die weitere Ingewahrsamnahme nicht mehr für verhältnismäßig und entließ vier Aktivist*innen in der Nacht von Sonntag auf Montag. Bei einem Aktivisten konnte die Polizei kurz zuvor noch die Identität ermitteln. „Die Polizei kriminalisiert hier absolut legtimen Protest, der durchaus in ihrem Interesse und dem ihrer Kinder stehen müsste, aufs Schärfste. Und das obwohl sie sich noch nicht einmal auf einen klaren Tatvorwurf einigen können“, so eine der Aktivistinnen. Der ursprüngliche Räumungsgrund, „Störung öffentlicher Betriebe“, wurde anscheinend als haltlos fallen gelassen. Das GKM hat nun drei Monate Zeit, einen Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs zu stellen. Ansonsten wäre die Ingewahrsamnahme ohne einen Tatvorwurf erfolgt. „Ich fürchte mich nicht vor dem Prozess, sondern bin bereit aufzuzeigen, warum das GKM und die ganze Steinkohleverbrennung abgeschafft gehören’’ so der identifizierte Aktivist.  Auch von körperlichen Gewalttätigkeiten sah die Polizei auf der Wache nicht ab. Zwei Aktivist*innen wurden mit äußerster Brutalität in ihre Zellen geschleift und grundlos geschlagen. Sie trugen Prellungen und Schürfwunden davon. Weitere Fälle von Polizeigewalt, die die Aktivist*innen erfahren haben, sowie die Situation in Gewahrsam schildern die Aktivist*innen auf Twitter und ihrem Blog. Neben der Schikane der Aktivist*innen selbst, versuchte die Polizei auch die Unterstützung von außen zu erschweren. So gaben Polizist*innen beispielsweise immer wieder falsche Informationen über die Tatvorwürfe und den Aufenthaltsort der Festgenommenen weiter und unterbrachen die Anrufe der Aktivist*innen an die Rechtshilfe mitten im Gespräch. „Dass die Aktivist*innen so lange festgehalten wurden, obwohl die Mehrheit der Gesellschaft für einen Kohleausstieg vor 2038 ist, ist ein Skandal. Das GKM schadet allen Menschen weltweit, aber auch den Menschen in Mannheim und Umgebung, enorm. Hier sitzen mal wieder die Falschen auf der Anklagebank“, so eine Person, die die Aktivist*innen vor dem Revier erwartete. „Die Polizei hat hier effektiven Klimaschutz verhindert, der versuchte das Kraftwerk und damit die größte Kohlenstoffdioxidquelle Baden-Württembergs abzuschalten“, so eine der freigelassenen Aktivist*innen, „ich bin aber froh, nicht in Kolumbien festgenommen worden zu sein. Dort schweben Menschen, die sich gegen den Kohleabbau wehren, in Lebensgefahr.“ Bewaffnete Gruppen vertreiben und ermorden Menschen in den Abbauregionen in Kolumbien. „Daher können wir trotz aller Gewalt durch die Polizei nicht uns als Hauptbetroffene begreifen. Der Steinkohleabbau steht in der Tradition des Kolonialismus und auch die Folgen der Klimakrise haben momentan mehrheitlich Menschen außerhalb des globalen Nordens zu tragen. Es ist höchste Zeit diese vielschichtigen Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und zu beenden. Klimaschutz ist kein Verbrechen!“, so das erste Fazit der Aktivistin.